Montag, 23. Juni 2025
Verarbeitung und wo ist die selbstlose Unterstützung geblieben
sopravvivere, 23:47h
"Solltest du vielleicht mal zur Therapie?" - fragte mich meine Mitarbeiterin letztens im Scherz. Sie ist jung. Unschuldig und sehr behütet. Und Therapie ist heute bei weitem nicht mehr das was sie mal war. Immer mehr Menschen nutzen diese Form der Verarbeitung und Unterstützung um mit Ihrem Leben klarzukommen. Finde ich gut.
Ja, grundsätzlich müsste ich wohl schon längst in eine Therapie. An all meinen kleinere und grössseren Traumatas arbeiten. Ich habe in meinem Leben bereits einiges gesehen und miterlebt, was seine Spuren in mir hinterlassen hat. In letzter Zeit haben sich die belastenden Ereignisse etwas gehäuft und der Umgang mit den Ereignissen und das Verarbeiten von diesen fällt mir aktuell nicht leicht. Aber warum ist das so. Weshalb fällt es mir schwerer und warum fällt es der Menschheit an sich so schwer, mit all Ihren kleinen und grossen Problemen fertig zu werden ohne eine Therapie.
Meine These - weil die Welt immer egoistischer wird und das Zwischenmenschliche "abgebaut" wird. Man hat heutzutage nicht mehr diese innigen Freundschaften. Diese Menschen mit denen man Pferde stehlen kann und die einem ein Mordalibi liefern würden. Niemand erzählt mehr richtig aus seinem Leben. Das fängt schon bei banalen Sachen wie den Urlaubserinnerungen an. Man postet Ferienfotos auf den sozialen Medien. Die tollsten Momente, die schönsten Strände, das leckerste Essen und man selbst nur im glücklichen Ausnahmezustand. Von der Wanderung, die man total unterschätzt hat und von welcher man mit Sonnenbrand und einem Hitzestich zurück kommt, findet sich lediglich die wahnsinnige Aussicht auf dem Profil wieder. Vom Mietauto, dass alle zwei Tage in den Streik getreten ist, eine Aufnahme vor dem teuren Hotel. Erzählt werden diese Geschichten zu Hause nicht. Nichts mehr wird erzählt, weil alle haben ja bereits die tollen Fotos gesehen.
Dies zieht sich durch das ganze Leben weiter. Man erzählt nichts mehr und wenn, dann nur die schönen Geschichten. Und warum? Weil man das tolle Leben wahren möchte. Weil man nicht beurteilt werden will. "I listen and I don't judge" - ein social media Trend, der die wahren Probleme auf den Grund bringt. Man kann nichts mehr erzählen, ohne dass sich alle - sogar die vermeintlich besten Freunde - das Maul darüber zerreissen. Everyone is judging the fu**ing whole time.
Wenn man früher, als Teenie einen Crush auf einen Typen hatte, welcher nicht der Norm entsprach, erntete man von seiner besten Freundin maximal ein "Was ... DER Typ?" und eine hochgezogene Augenbraue. Danach machte man sich zusammen Gedanken, wie man wohl unauffällig von einem Klassenzimmer zum nächsten Wechseln kann um zufällig dem Typen über den Weg zu laufen. Auffälliger geht es meist nicht – aber der Support war einem damals sicher. Egal wie wenig die beste Freundin davon hielt, sie hat dich unterstützt. Und wenn es am Ende nicht geklappt hat oder die Beziehung in die Brüche ging, durfte man sein Herz ausschütten und konnte sich der Unterstützung sicher sein – auch wenn die beste Kollegin am liebsten «Ich hab’s ja gewusst» gesagt hätte.
Heute ist diese selbstlose und alles umfassenden Unterstützung nur noch Schall und Rauch. Angebliche Freunde bewerten jeden deiner Schritte und deiner Entscheidungen. Du bist plötzlich nicht mehr gut genug so wie du bist. Du wirst nicht mehr vorbehaltslos unterstützt, sondern, erhältst im «Namen der Freundschaft» ungewollte Ratschläge. Das einst verkniffene «Ich hab’s gewusst» wird nun zu jedem möglichen und auch unmöglichen Zeitpunkt laut und selbstgerecht herausposaunt. Und genau darum, meiner Meinung nach, müssen sich immer mehr Menschen ihre innersten Gedanken mit fremden Menschen teilen. Weil diese nicht direkt werten sondern einfach einmal zuhören und uns unsere Gedanken denken und unsere Gefühle fühlen lassen.
Mir ist das alles zu unpersönlich. Noch. Aber auch mir fehlen die Freunde, die nicht sofort werten. Daher mache ich meine Probleme und Traumatas vorerst mit mir selbst aus.
***
Ja, grundsätzlich müsste ich wohl schon längst in eine Therapie. An all meinen kleinere und grössseren Traumatas arbeiten. Ich habe in meinem Leben bereits einiges gesehen und miterlebt, was seine Spuren in mir hinterlassen hat. In letzter Zeit haben sich die belastenden Ereignisse etwas gehäuft und der Umgang mit den Ereignissen und das Verarbeiten von diesen fällt mir aktuell nicht leicht. Aber warum ist das so. Weshalb fällt es mir schwerer und warum fällt es der Menschheit an sich so schwer, mit all Ihren kleinen und grossen Problemen fertig zu werden ohne eine Therapie.
Meine These - weil die Welt immer egoistischer wird und das Zwischenmenschliche "abgebaut" wird. Man hat heutzutage nicht mehr diese innigen Freundschaften. Diese Menschen mit denen man Pferde stehlen kann und die einem ein Mordalibi liefern würden. Niemand erzählt mehr richtig aus seinem Leben. Das fängt schon bei banalen Sachen wie den Urlaubserinnerungen an. Man postet Ferienfotos auf den sozialen Medien. Die tollsten Momente, die schönsten Strände, das leckerste Essen und man selbst nur im glücklichen Ausnahmezustand. Von der Wanderung, die man total unterschätzt hat und von welcher man mit Sonnenbrand und einem Hitzestich zurück kommt, findet sich lediglich die wahnsinnige Aussicht auf dem Profil wieder. Vom Mietauto, dass alle zwei Tage in den Streik getreten ist, eine Aufnahme vor dem teuren Hotel. Erzählt werden diese Geschichten zu Hause nicht. Nichts mehr wird erzählt, weil alle haben ja bereits die tollen Fotos gesehen.
Dies zieht sich durch das ganze Leben weiter. Man erzählt nichts mehr und wenn, dann nur die schönen Geschichten. Und warum? Weil man das tolle Leben wahren möchte. Weil man nicht beurteilt werden will. "I listen and I don't judge" - ein social media Trend, der die wahren Probleme auf den Grund bringt. Man kann nichts mehr erzählen, ohne dass sich alle - sogar die vermeintlich besten Freunde - das Maul darüber zerreissen. Everyone is judging the fu**ing whole time.
Wenn man früher, als Teenie einen Crush auf einen Typen hatte, welcher nicht der Norm entsprach, erntete man von seiner besten Freundin maximal ein "Was ... DER Typ?" und eine hochgezogene Augenbraue. Danach machte man sich zusammen Gedanken, wie man wohl unauffällig von einem Klassenzimmer zum nächsten Wechseln kann um zufällig dem Typen über den Weg zu laufen. Auffälliger geht es meist nicht – aber der Support war einem damals sicher. Egal wie wenig die beste Freundin davon hielt, sie hat dich unterstützt. Und wenn es am Ende nicht geklappt hat oder die Beziehung in die Brüche ging, durfte man sein Herz ausschütten und konnte sich der Unterstützung sicher sein – auch wenn die beste Kollegin am liebsten «Ich hab’s ja gewusst» gesagt hätte.
Heute ist diese selbstlose und alles umfassenden Unterstützung nur noch Schall und Rauch. Angebliche Freunde bewerten jeden deiner Schritte und deiner Entscheidungen. Du bist plötzlich nicht mehr gut genug so wie du bist. Du wirst nicht mehr vorbehaltslos unterstützt, sondern, erhältst im «Namen der Freundschaft» ungewollte Ratschläge. Das einst verkniffene «Ich hab’s gewusst» wird nun zu jedem möglichen und auch unmöglichen Zeitpunkt laut und selbstgerecht herausposaunt. Und genau darum, meiner Meinung nach, müssen sich immer mehr Menschen ihre innersten Gedanken mit fremden Menschen teilen. Weil diese nicht direkt werten sondern einfach einmal zuhören und uns unsere Gedanken denken und unsere Gefühle fühlen lassen.
Mir ist das alles zu unpersönlich. Noch. Aber auch mir fehlen die Freunde, die nicht sofort werten. Daher mache ich meine Probleme und Traumatas vorerst mit mir selbst aus.
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