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Dienstag, 27. Januar 2015
Ruhiger? Hier? Never.
Der Satz passt nicht wirklich zum folgenden Text. Aber ich wollte dann doch nicht mit dem eigentlichen Satz beginnnen, welcher lautet: und nun hat sich der Bruder einer meiner Mitarbeiter erhängt.
So wenige Worte, so viel Aussage.

Und Mitten im Tag stand besagter Mitarbeiter an meinem Schreibtisch und erzählt mir das. Aus dem Nichts. Ohne Vorwarnung. Wohl genau so ohne Vorwarnung wie er es erfahren hatte. Er wird zu seinen Eltern reisen. Für ist es schwieriger meint er. Er selbst habe seit gut 10 Jahren keinen Kontakt mehr zum Bruder gehabt. Schaut mich an. Dunkle Augen dunkle Augenringe. Sichtlich mitgenommen. "Wie kann man sowas tun? ... ich meine, ich habe auch schwarze, wirklich schwarze Tage. Aber.... und man lässt so viele Menschen im Stich...!" Sagts und denkt zugleich an so vieles. Vieles das ich kenne. Vieles das ich nicht zu ahnen vermag.
Er gehe dann mach Hause wenn das okay sei. Und nehme sich ab Mittwoch die Woche frei. Natürlich tust du das. Und wenn es nicht geht - lass es mich wisse. Ein tiefer Blick in seine Augen. Ich kann den Schmerz beinahe fassen. Er schaut kurz zu mir runter. Sieht es. Frage dann auch eher etwas ängstlich vor der Antwort "du kennst es?" Ich nicke. Ja. Kurzes Schweigen. Dann unerwartet sein Nachhaken "echt??" Ja. "Familie?" Nein. Ein guter Freund. Ich denke es. Fühle mein Handgelenk an welchem sein Andenken ist. Unter meiner Haut. Damit ich ihn immer sichtbar bei mir trage. Um damit abzuschliessen. Irgendwie.

***

Das Unverständnis war ihm ins Gesicht geschrieben. Er konnte nicht verstehen, wieso "man sowas machen kann".

Meistens kann man nicht. Weil man nicht alle Fakten kennt. Weil man viele Einzelheiten und die Auswirkungen davon auf den einzelnen Menschen nicht kennt.
Ich habe es miterlebt. bereits mehr als ein Mal. Einmal ziemlich nahe. Ich möchte hier nicht sagen, dass ich nachvollziehen konnte, was ihn dazu bewegte und was alles in ihm vorgegangen ist. mit welcher Intensität.
Ich kann mir jedoch einen Reim machen. Zumindest glaube ich das. Von einem Teil. Einem kleinen Teil wahrscheinlich.
Und ja, auch ich war lange auf ihn wütend. Ich konnte es und wollte es nicht nachvollziehen. Denn wenn man es könnte - wäre die Schlussfolgerung, dass man es hätte verhindern können.
Ich weiss nicht, ob ich es gekonnt hätte. Ich war wohl zu spät. Oder doch zu wenig dabei.
Und ja - ich mache mir immer wieder Vorwürfe. Immer und immer wieder. Und ab und an von Zeit zu Zeit auch wieder wütend. Etwas wütend und sehr verletzt. Verletzte dass er gegangen ist. Dass er nicht mehr daran geglaubt hat, dass man ihm helfen konnte. Dass ich ihm hätte - auf welche Art auch immer - helfen können.

Verstehen kann man es nie. Nie ganz. Sonst würde es wohl nicht passieren.

Ich vermisse ihn. immer noch und ohne Ende.

***

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Ist einfach nur Kacke.
Ich überleg seit Stunden, was ich dazu schreiben könnt. Aber nix ist richtig.

Vermissen ist teils eine gute Sache.
Vergessen wäre schlimmer.

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ja, das trifft es ziemlich auf den Punkt.

Man kann selten etwas richtiges sagen. Das ist in einem solchen Falle so. Vorallem, wenn man es nie durchlebt hat durchleben musste. Und selbst dann ist jeder Fall wieder anders. Jede Person. Jedes "Schicksal".

Vermissen ist gut, weil man nicht vergisst. Aber man muss sich bewusst sein, dass man weiter machen muss. Auf irgend eine Art und Weise. Obwohl ich mir bei gewissen Vorfällen ernsthaft nicht vorstellen kann, wie man weitermachen soll und kann, weil die Bürde die einem auferlegt wurde einfach zu gross und zu unmenschlicht ist.

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Aber man muss sich bewusst sein, dass man weiter machen muss.
Das triffts genau!

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Ja muss man.
Aber ich kann auch verstehen, wenn es einen Menschen bricht. Für immer.

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Versteh ich auch.
Menschen sind machmal derart zäh und dann doch mit einem Wimpernschlag zu brechen. Das ist beängstigend.

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In jedem von uns würde eine enorme Kraft und Stärke stecken, von der die wenigstens wissen, dass sie diese besitzen.
Der Mensch kann lernen mit unglaublich viel umzugehen - weiss das nur nicht immer.

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"Ich überleg seit Stunden, was ich dazu schreiben könnt. Aber nix ist richtig."

geht mir auch so. Nur noch nicht seit Stunden, sondern erst 30 Minuten.

Kacke. Ist wahrscheinlich egal wie lange man denkt, das ändert nichts an Wortlosigkeit angesichts vom Kacke.

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Ja ist ein ziemlich doofes Thema, weil man so hilflos ist. Man möchte den betroffenen gerne etwas Tröstliches sagen und kann es nicht. Weil nichts tröstet. Gar nichts.

Auch als Betroffene ist es nicht eifach die richtigem Worte zu finden. Trösten geht sowieso nicht. Das einzige was man weizergeben kann, ist das Verständnis. Nicht die blosse Ahnung anhand einer Vorstellung wie schlimm es wohl sein muss, sondern das Verständnis zu wissen wie es sich anfühlt. Wie der Boden unter den Füssen fehlt, sich Trauer, Wut, verzweiflung im minutentakt abwechseln und diese Leere mit Gefühlen zu füllen versuchen.

Kacke. Stimmt.

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